Regeneration im Allgemeinen und Muskelregeneration im Speziellen gehört zum Sport wie die Luft zum Atmen.
Unser Körper benötigt diese Phasen der Erholung um mögliche Beschädigungen an Muskulatur oder Sehnen zu reparieren, oder um die geleerten Energiespeicher in den Zellen wieder aufzufüllen.
Die Zeitdauer der Regenerationsphase hängt von der Intensität und Länge der sportlichen Belastung ab.
Weitere Faktoren sind unter anderem das Alter des Sportlers sowie der jeweilige Trainingszustand.
Im Folgenden möchten wir einige einfache Möglichkeiten aufzeigen die Regenerationsphase aktiv zu gestalten und somit zu verkürzen.
Das griechische Wort „Genese“ bedeutet so viel wie „Geburt“ oder „Entstehung“. Re-Generation beschreibt also den Prozess einer Wiederherstellung. Gemäß der sogenannten Theorie der Superkompensation führen (sportliche) Belastungen zu (bewussten) Schädigungen der Muskulatur.
Wir nehmen das zum Beispiel als Muskelkater wahr. Als Reaktion auf diesen Schaden unternimmt der Körper Schritte: Erst wird der Schaden repariert. Im zweiten Schritt werden vorbeugende Maßnahmen ergriffen, um zukünftig bei gleicher Belastung nicht erneut geschädigt zu werden. In etwa so, wie man in alter Zeit die Stadtmauer nach Angriffen repariert und dann verstärkt hat. Ein bekanntes physiologisches Beispiel: Die Bildung von Schwielen an der Hand.
Dadurch entsteht im Laufe der Zeit eine Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen alle möglichen Belastungen und im sportlichen Sinne eine höhere Leistungsfähigkeit. Der entscheidende Punkt ist: Regeneration benötigt Zeit! Was würde wohl passieren, wenn nach einem Angriff auf die Stadtmauer sofort die nächste Armee vor der Tür steht?
Der sprichwörtliche „Mut zur Lücke“ ist an dieser Stelle von zentraler Bedeutung. Ohne ausreichende Pausen kommt es zum Übertraining und Leistungsrückschritten. Jede Trainingsbelastung erfordert ihre individuelle Pause - lassen Sie sich unbedingt im Detail beraten! Denn: „viel hilft viel“ gilt hier nicht.
Der Trugschluss nach dem Training wäre: Am besten gar nichts tun…Wie oben erläutert müssen jetzt wertvolle Prozesse zur Regeneration stattfinden. Unsere „molekulare Baumannschaft“ ist aktiver, wenn sie in Bewegung gehalten wird. Belastungen mit einer geringen Intensität haben diesen Effekt. Wer vom Joggen am Montag Muskelkater hat und seine Laufgruppe für Donnerstag wieder im Kalender stehen hat, könnte dienstags und mittwochs beispielsweise spazieren gehen.
Wenig verwunderlich spielt eine gute Schlafhygiene zweifelsfrei eine zentrale Rolle bei der Regeneration. Das betrifft den Leistungssportler genauso wie den Stoffwechsel und die Gesundheit von Nichtsportlern [1, 2]. Eine ausreichend lange Schlafdauer, einen möglichst gleichmäßigen circadianen Rhythmus (d.h. möglichst täglich gleiche Zeit des Aufstehens und Zubettgehens), sowie produktive Nickerchen sind empfehlenswert. Die Tätigkeiten während des Tages spielen eine wesentliche Rolle für das Einschlafen und die Schlafqualität. Daher sollte auch individuell beobachtet werden, welche Tageszeit für das eigene Training geeignet ist.
Natürlich sorgt eine beständig allgemein gute Ernährungsweise für einen verbesserten Stoffwechsel, gute Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden. Um die Regeneration voranzutreiben, rückt aber auch speziell die Frage in den Mittelpunkt, welche Nahrungsaufnahme direkt nach dem Training sinnvoll erscheint.
Sowohl Krafttraining, als auch Ausdauertraining erhöht den Bedarf an Proteinen. Außerdem müssen die Kohlenhydratspeicher entsprechend der Belastung wieder aufgefüllt werden. Das sind Voraussetzungen für die regenerative Prozesse, da ja schließlich durch das Training Strukturen (bewusst) zerstört wurden und nun ein Aufbau (Anabolismus) stattfinden soll.
Eine sehr bekannte Theorie geht von einem sogenannten optimalen anabolen Zeitfenster aus, in der idealerweise Nahrung aufgenommen werden sollte. Details wie beispielsweise die Herkunft des Proteins (ob aus Fleisch, Milch, Hülsenfrüchte, etc.) sind in der Diskussion. Klar ist jedoch, dass die Menge des Proteins bzw. der Kohlenhydrate einen entscheidenden Faktor spielt. Und eben der Zeitpunkt der Aufnahme [3].
Es sei jedoch auch angemerkt, dass eine neue aktuelle Studie von Schoenfeld et al. zeigte, dass keine Unterschiede zwischen der Einnahme direkt vor oder nach dem Training bei Probanden unter Krafttraining festgestellt werden konnten [4].
Insgesamt lässt sich festhalten: Nach Belastung muss das „Baumaterial“ (Proteine, Kohlenhydrate) für die Reparaturen zur Verfügung stehen [5]. Ansonsten gleicht die Situation einem Maurer ohne Steine.
Eine beispielhafte Empfehlung wäre: Schokoladenmilch (fettarme Milch) als kostengünstige und effektive Variante direkt nach dem Training und 2h danach erneut aufzunehmen. Es liegt ein günstiges Verhältnis von Proteinen zu Kohlenhydraten vor und außerdem werden weitere nützliche Nährstoffe geliefert [6].
Viele Empfehlungen gehen allgemein von ca. 20g Protein direkt nach dem Training aus. Die Menge an Kohlenhydraten richtet sich danach, welche Belastung stattgefunden hat. Kohlenhydrate setzen Insulin frei, welches wiederum Wachstumshormone stimuliert. Insofern dürfen Kohlenhydrate nicht fehlen.
Proteine stellen den bedeutendsten Anteil in der Zellarchitektur dar. Sie sind sozusagen die Mauersteine [7]. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aktuell 0,8g Proteine pro kg Körpergewicht pro Tag (g/kg KG/d). Der Bedarf erhöht sich unter körperlicher Aktivität aber logischerweise.
Zum Vergleich: Für Leistungssportler werden zumeist 1,2-2,0 g/kg KG/d empfohlen. Empfehlungen für Bodybuilder liegen sogar bei 2,3-3,1 g/kg KG/d [8]. Und auch Personen, die das Ziel haben abzunehmen sollten nicht am Protein sparen, da Proteine
a) den Fettabbau fördern (über das aktivierte Hormon Glukagon)
b) dem Jo-Jo-Effekt vorbeugen [9] und
c) mehr Kalorien bei der Verdauung verbrennen.
Wann sollte ich Proteine einnehmen? Immer. Das heißt: Die Zufuhr sollte kontinuierlich und regelmäßig bei allen Mahlzeiten und an allen Tagen erfolgen.
Welche Rolle spielt die Qualität und Herkunft der Proteine?
Dazu existieren mehrere Theorien. Wer die Stichwörter „Aminosäurenpool“, „biologische Wertigkeit“ oder „BCAAs (branched-chain amino acids)“ googelt, wird diesbezüglich schnell fündig. Da die Menge jedoch die wichtigere Rolle spielt, wird an dieser Stelle auf weitere Details verzichtet.
Grundsätzliche Empfehlung: Decken Sie Ihren Proteinbedarf aus natürlichen Quellen (Fleisch, Fisch, Geflügel, Milchprodukte, etc.). Erst in einem zweiten Schritt lohnt es sich über Nahrungsergänzungsmittel nachzudenken.
Die abwechselnde Anwendung von Wärme und Kälte kann zum Beispiel in Form von Wechselduschen oder Wechselbädern erfolgen. Durch die resultierende Verengung und Weitung des Gewebes wird der Kreislauf spürbar angeregt. Das Blut zirkuliert schneller und die dort enthaltenen Nährstoffe gelangen schneller zur „Baustelle“, an der es zu reparieren gilt. Die Methode wird wissenschaftlich als nützlich bewertet, um schneller von Muskelkater zu erholen [10].
Im Spitzensport sind Bilder von badenden Profis in Eistonnen ein gut bekanntes Bild [11]. Bei dieser Maßnahme wird der Körper einige Minuten der Kälte ausgesetzt. Neben entzündungshemmenden Vorgängen soll sich so auch das Nervensystem schneller erholen.
Die Massage ist eine der am weitesten verbreiteten Maßnahmen zur Regeneration. Auch wenn die genaue Wirkweise nicht völlig verstanden ist, ist nach intensivem Training von einem positiven Effekt auszugehen [2, 12-14]. Ohne Frage fördert ein begabter Masseur das Wohlbefinden von Körper und Geist.
Der Wohlfühleffekt des Saunabads steht für Liebhaber außer Zweifel. Studien zeigen erfreulicherweise auch, dass oxydativer Stress nach sportlichen Aktivitäten dadurch reduziert werden [15].
Die Infrarot-Lampe wirkt in die tieferen Hautregionen mit Wärme ein. Man hat bei dieser Form festgestellt, dass sich Muskeln und auch Nervenverbindungen schneller von Belastungen erholen [16]. Ein Vorteil hierbei ist die Möglichkeit gezielt einzelne Körperregionen zu behandeln. Außerdem ist das Gerät gut transportabel.
Die genauen Details der muskulären Regenerationsmechanismen sind nicht völlig verstanden und hochkomplex. In jedem Fall weiß man aber, dass das Immunsystem und das Muskelsystem miteinander über Botenstoffe kommunizieren [12, 17, 18]. Der Prozess der Regeneration lässt sich durch bestimmte Maßnahmen anstoßen, beschleunigen und verbessern.
Allerdings ist keiner der erwähnten 10 Punkte für sich alleine ein „Allheilmittel“ – vielmehr wird aber die Kombination der 10 Tipps eine Verbesserung der Leistung im Sport oder Alltag bewirken.
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Literatur:
1. Killick, R., S. Banks, and P.Y. Liu, Implications of sleep restriction and recovery on metabolic outcomes. J Clin Endocrinol Metab, 2012. 97(11): p. 3876-90.
2. Nedelec, M., et al., Recovery in soccer : part ii-recovery strategies. Sports Med, 2013. 43(1): p. 9-22.
3. Churchward-Venne, T.A., et al., What is the Optimal Amount of Protein to Support Post-Exercise Skeletal Muscle Reconditioning in the Older Adult? Sports Med, 2016. 46(9): p. 1205-12.
4. Schoenfeld, B.J., et al., Pre- versus post-exercise protein intake has similar effects on muscular adaptations. PeerJ, 2017. 5: p. e2825.
5. Koopman, R., et al., Nutritional interventions to promote post-exercise muscle protein synthesis. Sports Med, 2007. 37(10): p. 895-906.
6. Pritchett, K. and R. Pritchett, Chocolate milk: a post-exercise recovery beverage for endurance sports. Med Sport Sci, 2012. 59: p. 127-34.
7. Löffler, G., P. Petrides, and P. Heinrich, Biochemie und Pathobiochemie Springer. 2007, Heidelberg.
8. Helms, E.R., A.A. Aragon, and P.J. Fitschen, Evidence-based recommendations for natural bodybuilding contest preparation: nutrition and supplementation. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 2014. 11(1): p. 20.
9. Dulloo, A.G., et al., Passive and active roles of fat-free mass in the control of energy intake and body composition regulation. European journal of clinical nutrition, 2016.
10. Vaile, J.M., N.D. Gill, and A.J. Blazevich, The effect of contrast water therapy on symptoms of delayed onset muscle soreness. J Strength Cond Res, 2007. 21(3): p. 697-702.
11. Higgins, T.R., D.A. Greene, and M.K. Baker, Effects of Cold Water Immersion and Contrast Water Therapy for Recovery From Team Sport: A Systematic Review and Meta-analysis. J Strength Cond Res, 2017. 31(5): p. 1443-1460.
12. Adams, G., The molecular response of skeletal muscle to resistance training. Deutsche Zeitschrift Sportmedizin, 2010. 3: p. 61-67.
13. Best, T.M., et al., Effectiveness of sports massage for recovery of skeletal muscle from strenuous exercise. Clin J Sport Med, 2008. 18(5): p. 446-60.
14. Poppendieck, W., et al., Massage and Performance Recovery: A Meta-Analytical Review. Sports Med, 2016. 46(2): p. 183-204.
15. Sutkowy, P., et al., The effect of a single Finnish sauna bath after aerobic exercise on the oxidative status in healthy men. Scand J Clin Lab Invest, 2014. 74(2): p. 89-94.
16. Mero, A., et al., Effects of far-infrared sauna bathing on recovery from strength and endurance training sessions in men. Springerplus, 2015. 4: p. 321.
17. Toigo, M., Trainingsrelevante Determinanten der molekularen und zellulären Skelettmuskeladaptation. Schweizerische Zeitschrift für «Sportmedizin und Sporttraumatologie, 2006. 54(3): p. 101-107.
18. Domingues-Faria, C., et al., Skeletal muscle regeneration and impact of aging and nutrition. Ageing research reviews, 2016. 26: p. 22-36.